Liquiditätsgrade

Liquidität 1. Grades, 2. Grades und 3. Grades

Liquiditätsgrade messen die statische, zeitpunktbezogene Liquidität und sollen als Kennzahlen darüber Aufschluss geben, ob das Unternehmen liquide ist oder ob Zahlungsschwierigkeiten zu erwarten sind.

Je nach in die Betrachtung einbezogenen liquiditätsnahen Bilanzposten unterscheidet man die Liquiditätskennzahlen:

  • Liquidität 1. Grades (Barliquidität, cash ratio),
  • Liquidität 2. Grades (einzugsbedingte Liquidität, quick ratio) sowie die
  • Liquidität 3. Grades (umsatzbedingte Liquidität, current ratio).

Was ist Liquidität?

Ein Unternehmen ist liquide bzw. solvent, wenn es seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen – z.B. aus Mietverträgen, Anstellungsverträgen (Gehältern) oder offenen Rechnungen – jederzeit zum Fälligkeitstermin und in voller Höhe nachkommen kann.

Die Zahlungsverpflichtungen ergeben sich somit

  • zum Teil aus der Bilanz (z.B. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen)
  • zum Teil aber auch aus anderen Quellen, z.B. Dauerschuldverhältnissen wie Anstellungs-, Miet-, Leasing- oder Versicherungsverträgen.

Liquiditätsgrade

Liquiditätsgrade betrachten lediglich die aus der Bilanz ersichtlichen Zahlungsverpflichtungen und stellen dar, in welchem Umfang kurzfristige Verbindlichkeiten durch vorhandene Mittel gedeckt sind.

Man unterscheidet in der Regel 3 Liquiditätskennzahlen:

Liquidität 1. Grades

Die Formel für den Liquiditätsgrad 1 (teilweise auch als Liquiditätsgrad I oder cash ratio bezeichnet) lautet:

Liquidität 1. Grades = flüssige Mittel / kurzfristige Verbindlichkeiten

Dabei umfassen die flüssigen Mittel die Bilanzposten Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks (§ 266 Abs. 2 B. IV. HGB) und ggf. sonstige Wertpapiere (§ 266 Abs. 2 B. III. 2. HGB), sofern diese unmittelbar veräußerbar sind (Beispiel: Aktien, die an einer Börse gehandelt werden).

Zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten gehören v.a. die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, aber auch kurzfristige sonstige Verbindlichkeiten, kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten oder kurzfristige sonstige Rückstellungen bzw. Steuerrückstellungen.

Liquidität 2. Grades

Die Formel für den Liquiditätsgrad 2 (Liquiditätsgrad II bzw. quick ratio) lautet:

Liquidität 2. Grades = (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen + Wertpapiere des Umlaufvermögens) / kurzfristige Verbindlichkeiten

Unter die kurzfristigen Forderungen fallen in der Regel insbesondere Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (§ 266 Abs. 2 B. II. 2. HGB) sowie ggf. weitere unter den sonstigen Vermögensgegenständen (§ 266 Abs. 2 B. II. 4. HGB) ausgewiesene kurzfristige Forderungspositionen (z.B. eine USt-Forderung). Auch Wertpapiere des Umlaufvermögens können einbezogen werden, sofern sie wirklich kurzfristig sind (z.B. schnell über die Börse verkauft werden können).

Als Richtwert für ein finanziell solides Unternehmen sollte der Liquiditätsgrad 2 mindestens 100 % betragen.

In dem Fall ist das Unternehmen in der Lage, die kurzfristig fälligen Verbindlichkeiten durch kurzfristig verfügbare Mittel zu tilgen.

Liquidität 3. Grades

Die Formel für den Liquiditätsgrad 3 (Liquiditätsgrad III bzw. current ratio) lautet:

Liquidität 3. Grades = (flüssige Mittel + kurzfristige Forderungen + Vorräte) / kurzfristige Verbindlichkeiten

Die Vorräte können der Bilanz (§ 266 Abs. 2 B. I. HGB) entnommen werden.

Beispiel: Berechnung der Liquiditätsgrade

Beispiel: Berechnung der Liquiditätsgrade 1, 2 und 3

Zum 31. Dezember 2010 liegt für ein Unternehmen folgende Bilanz vor:

Bilanz
Aktiva   Passiva  
840 500
   
60 200
40 100
60 200
  1.000   1.000

Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ("offene Lieferantenrechnungen") stellen in dem Fall die kurzfristigen Verbindlichkeiten dar, während Pensionsrückstellungen und Bankdarlehen in dem Beispiel langfristig sind.

Berechnung Liquiditätsgrad 1

Die Liquidität 1. Grades beträgt 60 / 100 = 60 %.

Berechnung Liquiditätsgrad 2

Die Liquidität 2. Grades beträgt (60 + 40) / 100 = 100 %.

Berechnung Liquiditätsgrad 3

Der Liquidität 3. Grades beträgt (60 + 40 + 60) /100 = 160 %.

Kritik an Liquiditätsgraden

Die Liquiditätsgrade werden dem Anspruch, das Risiko einer Zahlungsunfähigkeit abzubilden, aus mehreren Gründen nicht gerecht:

  • zum einen sind sie oftmals im Zeitpunkt der Berechnung bereits veraltet, sofern die Bilanz zum 31. Dezember z.B. erst im März des Folgejahrs vorliegt.
  • zum anderen sind die Liquiditätsgrade zeitpunktbezogen und bilanzbasiert und bilden somit laufende Zahlungsverpflichtungen wie Gehälter, Mieten, Versicherungen etc., die bei Fälligkeit die Liquidität belasten, nicht ab.
  • darüber hinaus sind die genauen Fälligkeiten nicht ersichtlich, jedoch von Bedeutung: im Extremfall sind die offenen Lieferantenrechnungen z.B. bereits sämtlich am 1. Januar fällig, die kurzfristigen Forderungen gehen aber erst nach und nach ein.
  • auch bestehende Kreditlinien, die genutzt werden können und somit ein etwaiges Liquiditätsproblem mindern, gehen nicht in die Betrachtung ein.

Erforderlich für die Unternehmenssteuerung ist eine dynamische, zeitraumbezogene Betrachtung der Liquidität durch eine Finanzplanung bzw. Liquiditätsplanung. Dadurch lassen sich Kapitalbedarf bzw. etwaige Liquiditätsengpässe rechtzeitig erkennen.

Erhöhung der Liquidität

Die Liquidität kann durch entsprechende Maßnahmen erhöht werden, z.B. durch