Rückstellungen
Definition
Rückstellungen sind verpflichtend hauptsächlich für hinsichtlich ihres Eintritts, ihrer Höhe oder ihrer Fälligkeit nach ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB).
Rückstellungen gehören – neben den (sicheren) Verbindlichkeiten – zum Fremdkapital bzw. zu den Schulden.
Die Bildung einer Rückstellung mindert als Aufwand den Gewinn.
Ungewisse Verbindlichkeiten
Bei einer "normalen" Verbindlichkeit sind Grund, Höhe und Fälligkeit gegeben:
Beispiel
Bei einer eingegangenen Lieferantenrechnung handelt es sich um eine gewisse Verbindlichkeit: der Grund für die Schuld (der Lieferant hat einen Computer geliefert), die Höhe (1.000 € zuzüglich 19 % Umsatzsteuer = 1.190 €) sowie die Fälligkeit (Rechnung ist fällig am 29. Januar 02) sind gewiss.
Bei einer Rückstellung als ungewisse Verbindlichkeit hingegen ist mindestens einer der 3 genannten Parameter ungewiss:
Beispiel
Ein Hersteller von Festplatten verkauft im Geschäftsjahr 01 1 Mio. Festplatten.
Das Unternehmen weiß aus Erfahrung, dass im Durchschnitt 1 % der Festplatten mit Mängeln behaftet sind.
Im Rahmen der Gewährleistung ("Garantie") erstattet das Unternehmen den Käufern jeweils den Nettokaufpreis in Höhe von 50 €.
Rückstellung bilden
Dafür bildet das Unternehmen im Geschäftsjahr 01 eine Rückstellung für Gewährleistung in Höhe von 1 Mio. Stück × 1 % Fehlerquote × 50 € = 500.000 €.
Die Bildung der Rückstellung wird als Aufwand verbucht und mindert den Gewinn (vor Steuern) entsprechend um 500.000 €.
Buchungssatz
Sonstige betriebliche Aufwendungen an Rückstellung für Gewährleistung 500.000 €.
Kriterien für eine Rückstellung
Es handelt sich dabei aus folgenden Gründen um eine Rückstellung in Gestalt einer ungewissen Verbindlichkeit:
- Der Eintritt eines Schadensfalls ist unsicher: eventuell treten durch Qualitätsverbesserungen in der Produktion keine Fehler mehr auf;
- die Höhe ist ungewiss: es fallen unter Umständen mehr oder weniger als die 1 % an – es handelt sich um eine für Rückstellungen typische Schätzung;
- die Fälligkeit ist ungewiss: die Schadensfälle können heute eintreten, morgen oder in fünf Monaten (oder gar nicht).
In dem Fall sind also Grund, Höhe und Fälligkeit ungewiss.
Allerdings müssen für den Grund bzw. die Ursache der Rückstellung konkrete Anhaltspunkte und eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme bestehen (in dem Fall aus Erfahrungswerten abgeleitet).
Weitere Gründe für Rückstellungen
Neben den ungewissen Verbindlichkeiten nennt das HGB in § 249 noch drei weitere Fälle, in denen eine Rückstellung gebildet werden muss (Passivierungspflicht), nämlich für:
- drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (Drohverlustrückstellung, § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB),
- im Geschäftsjahr unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung (Instandhaltungsrückstellung), die im folgenden Geschäftsjahr innerhalb von 3 Monaten, oder für Abraumbeseitigung, die im folgenden Geschäftsjahr nachgeholt werden (§ 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB) sowie für
- Gewährleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden (sogenannte Kulanzrückstellung, § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 HGB).
Für andere Zwecke dürfen Rückstellungen laut § 249 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht gebildet werden.
Auflösung von Rückstellungen
Rückstellungen dürfen nach § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB nur aufgelöst werden, soweit der Grund für die Rückstellung entfallen ist.
Beispiele
Beispiel 1: Vollständige Auflösung
Ein Prozess, für den im Jahr 01 eine Prozesskostenrückstellung in Höhe von 10.000 € gebildet wurde, wird im Jahr 02 gewonnen; Prozesskosten sind nicht angefallen bzw. wurden vom Prozessgegner übernommen.
Die Rückstellung kann im Jahr 02 vollständig aufgelöst werden:
Rückstellung für Prozesskosten an Sonstige betriebliche Erträge 10.000 €.
Beispiel 2: Teilweise Auflösung
Der Prozess wurde zwar nicht gewonnen, die tatsächlich zu zahlenden Prozesskosten beliefen sich aber nur auf 6.000 €.
Die Rückstellung wird also teilweise verbraucht und teilweise aufgelöst:
Rückstellung für Prozesskosten 10.000 € an Bank 6.000 €, an Sonstige betriebliche Erträge 4.000 €.