Goldene Bilanzregel
Goldene Bilanzregel Definition
Die Goldene Bilanzregel ist eine Regel bzw. ein "weiser Rat" für die Finanzierung von Unternehmen (man kann sie auch ignorieren).
Sie fordert:
Langfristig gebundenes Vermögen eines Unternehmens (Anlagevermögen, etwa Maschinen) ist langfristig zu finanzieren.
Kurzfristig gebundenes Vermögen eines Unternehmens (Umlaufvermögen, etwa Vorräte) ist entsprechend kurzfristig zu finanzieren.
Das heißt, die Finanzierungsdauer soll mit der Kapitalbindungsdauer abgestimmt werden (Fristenkongruenz bzw. fristenkongruente Finanzierung).
In Abhängigkeit davon, ob man die langfristige Finanzierung ausschließlich in Eigenkapital gegeben sieht oder ob man auch langfristiges Fremdkapital (zum Beispiel ein 10-jähriges Bankdarlehen) einbezieht, unterscheidet man
- den schwer erreichbaren Anlagendeckungsgrad 1,
- den praktikablen Anlagendeckungsgrad 2 sowie
- den weniger praxisrelevanten Anlagendeckungsgrad 3.
Diese Deckungsgrade machen die abstrakte Forderung der Goldenen Bilanzregel operabel und mit Bilanzdaten rechenbar (siehe Beispiel unten).
Alternative Begriffe: Anlagedeckungsgrad, Anlagendeckung, Anlagendeckungsgrad, goldene Bilanzierungsregel.
Bedeutung der Fristenkongruenz
Beispiel zur Fristenkongruenz
Werden Vorräte (Umlaufvermögen) kurzfristig finanziert (zum Beispiel durch das übliche Zahlungsziel von beispielsweise 14 Tagen bei Lieferanten), stellt dies in der Regel kein Problem dar: die Vorräte werden in der Regel ebenfalls kurzfristig verkauft, aus den Erlösen können die kurzfristigen Verbindlichkeiten (die offenen Lieferantenrechnungen) bezahlt werden.
Wird hingegen eine Maschine (Anlagevermögen) nur kurzfristig finanziert (zum Beispiel ebenfalls durch ein Zahlungsziel des Lieferanten), stellt sich die Frage, aus welchen Mitteln die offene Rechnung bezahlt werden soll: im Gegensatz zu den Vorräten soll die Maschine ja nicht verkauft, sondern langfristig genutzt werden.
Die Maschine wirft erst über einen langen Zeitraum entsprechende Erlöse durch die mit ihr produzierten Güter ab.
Arten der Goldenen Bilanzregel
In Abhängigkeit davon, wie "streng" die grundlegende Forderung interpretiert wird, unterscheidet man unterschiedliche Bilanzregeln.
Diese werden auch als Deckungsgrade oder Anlagendeckungsgrade bezeichnet.
Goldene Bilanzregel I (Deckungsgrad 1)
Die Formel für den Deckungsgrad 1 (Anlagendeckung 1) lautet:
Deckungsgrad 1 = Eigenkapital / Anlagevermögen >= 1
Das heißt, die Forderung der Goldenen Bilanzregel I wird erfüllt, wenn das Ergebnis bei mindestens 1 liegt.
Goldene Bilanzregel II (Deckungsgrad 2)
Die Formel für den Deckungsgrad 2 (Anlagendeckung 2) lautet:
Deckungsgrad 2 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / Anlagevermögen >= 1
Goldene Bilanzregel II bzw. Deckungsgrad 2 werden teilweise auch als Silberne Bilanzregel bezeichnet.
Goldene Bilanzregel III (Deckungsgrad 3)
Die Formel für den Deckungsgrad 3 (Anlagendeckung 3) lautet:
Deckungsgrad 3 = (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) / (Anlagevermögen + langfristiges Umlaufvermögen) >= 1
Eigentlich widersprechen sich die Begriffe "Umlaufvermögen" und "langfristig"; man kann sich hier eventuell eine eiserne Reserve bzw. einen Sockelbestand im Vorratsvermögen vorstellen, der die Versorgungssicherheit gewährleisten soll und deshalb nicht abverkauft wird.
Beispiel: Goldene Bilanzregel berechnen
Beispiel: Berechnung der Goldenen Bilanzregeln bzw. Deckungsgrade
Zum 31. Dezember 01 liegt für ein Unternehmen folgende Bilanz vor:
Aktiva | Passiva | ||
---|---|---|---|
Anlagevermögen | 840 | Eigenkapital | 500 |
Umlaufvermögen | Fremdkapital | ||
Vorräte | 60 | Pensionsrückstellungen | 200 |
Forderungen aus L+L | 40 | Verbindlichkeiten aus L+L | 100 |
Kasse, Bank | 60 | Bankdarlehen (> 5 Jahre) | 200 |
1.000 | 1.000 |
Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ("offene Lieferantenrechnungen") stellen in dem Fall die kurzfristigen Verbindlichkeiten dar, während Pensionsrückstellungen und Bankdarlehen in dem Beispiel langfristig sind.
Berechnung Deckungsgrad 1
Der Deckungsgrad 1 beträgt 500 / 840 = 0,6 (gerundet).
Berechnung Deckungsgrad 2
Der Deckungsgrad 2 beträgt (500 + 200 + 200) / 840 = 1,07 (gerundet).
Das heißt, die Goldene Bilanzregel in der strengen Form (Deckungsgrad 1) wurde nicht erfüllt, in der abgemilderten Form (Deckungsgrad 2) wurde die Goldene Bilanzregel erfüllt.
In der Praxis wird die Goldene Bilanzregel I nur selten erfüllt, da in der Realität die Unternehmen großteils fremdfinanziert sind und somit auch das Anlagevermögen nicht mit Eigenkapital finanziert ist.