Goldene Finanzierungsregel
Definition
Die Goldene Finanzierungsregel fordert als Empfehlung für eine gesunde Finanzierung von Unternehmen eine Fristenkongruenz ("gleiche Laufzeiten") zwischen
- der Kapitalaufbringung und anschließenden Kapitalrückzahlung (Finanzierung) und der
- Mittelverwendung (Investition).
Das heißt:
Langfristiges Vermögen (Anlagevermögen wie Gebäude, Maschinen) sollte auch langfristig (mit Eigenkapital oder langfristigen Darlehen) finanziert sein, da es ansonsten über die Laufzeit zu Finanzierungsproblemen bis hin zur Insolvenz kommen kann.
Zur Begründung dieser Forderung nach Fristenkongruenz sei auf das Beispiel zur Goldenen Bilanzregel verwiesen.
Mit 2 Formeln wird die abstrakte Forderung der Goldenen Finanzierungsregel operabel und mit Bilanzdaten rechenbar gemacht (siehe unten).
Formeln
Die Formeln für die Goldene Finanzierungsregel lauten:
(Langfristiges Vermögen / Langfristiges Kapital) <= 1
Das langfristige Vermögen (Zähler der Formel) ist das Anlagevermögen, das langfristige Kapital (Nenner der Formel) setzt sich aus dem Eigenkapital und dem langfristigen Fremdkapital (zum Beispiel Anleihen, langfristige Bankdarlehen, langfristige Rückstellungen wie etwa Pensionsrückstellungen) zusammen.
(Kurzfristiges Vermögen / Kurzfristiges Kapital) >= 1
Das kurzfristige Vermögen (Zähler der Formel) umfasst das Umlaufvermögen, das kurzfristige Kapital (Nenner der Formel) umfasst vor allem Lieferverbindlichkeiten (offene Lieferantenrechnungen), sonstige Verbindlichkeiten (zum Beispiel aus Umsatzsteuer) und kurzfristig fällige Bankdarlehen.
Zusammenhang der beiden Formeln:
Die beiden Formeln stehen sich spiegelbildlich gegenüber: wenn die erste Formel erfüllt, das heißt, das Ergebnis <= 1 ist, ist auch die zweite Formel automatisch erfüllt.
Das kann man auch an dem weiter unten gezeigten Beispiel nachvollziehen.
Beispiel: Goldene Finanzierungsregel
Zum 31. Dezember 01 liegt für ein Unternehmen folgende Bilanz vor:
Aktiva | Passiva | ||
---|---|---|---|
Anlagevermögen | 840 | Eigenkapital | 500 |
Umlaufvermögen | Fremdkapital | ||
Vorräte | 60 | Pensionsrückstellungen | 200 |
Forderungen aus L+L | 40 | Verbindlichkeiten aus L+L | 100 |
Kasse, Bank | 60 | Bankdarlehen (> 5 Jahre) | 200 |
1.000 | 1.000 |
Die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen ("offene Lieferantenrechnungen") stellen in dem Fall die kurzfristigen Verbindlichkeiten dar, während Pensionsrückstellungen und Bankdarlehen in dem Beispiel langfristig sind.
Formeln der Goldenen Finanzierungsregel berechnen
Langfristiges Vermögen / Langfristiges Kapital = 840 / (500 + 200 + 200) = 0,93 (gerundet) (das heißt <= 1).
Kurzfristiges Vermögen / Kurzfristiges Kapital = (60 + 40 + 60) / 100 = 1,6 (das heißt >= 1).
Das bedeutet, die Goldene Finanzierungsregel ist erfüllt.
Abwandlung: Goldene Finanzierungsregel verletzt
Angenommen, das Eigenkapital wäre nur 200 statt 500 und dafür wären die Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 400 statt 100 (Bilanzsumme bleibt mit 1.000 gleich):
Aktiva | Passiva | ||
---|---|---|---|
Anlagevermögen | 840 | Eigenkapital | 200 |
Umlaufvermögen | Fremdkapital | ||
Vorräte | 60 | Pensionsrückstellungen | 200 |
Forderungen aus L+L | 40 | Verbindlichkeiten aus L+L | 400 |
Kasse, Bank | 60 | Bankdarlehen (> 5 Jahre) | 200 |
1.000 | 1.000 |
Dann wäre die erste Formel:
Langfristiges Vermögen / Langfristiges Kapital = 840 / (200 + 200 + 200) = 1,4 (das heißt >= 1).
Und die zweite Formel:
Kurzfristiges Vermögen / Kurzfristiges Kapital = (60 + 40 + 60) / 400 = 0,4 (das heißt <= 1).
Die Goldene Finanzierungsregel wäre verletzt.
Man kann das Problem hier gut sehen: Das Unternehmen hat Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, also offene Lieferantenrechnungen, in Höhe von 400.
Diese werden in der Regel bald fällig. Das Unternehmen hat aber nur kurzfristiges Vermögen von 140, das bereits Geld ist (Kasse, Bank) oder in Kürze zu Geld wird (Forderungen aus L+L, Vorräte).
Es droht eine etwaige finanzielle Deckungslücke (die allerdings eventuell durch künftige Einnahmen oder Kreditlinien beseitigt werden könnte).