Wandelschuldverschreibung

Definition Wandelschuldverschreibung / Wandelanleihe

Bei einer Wandelschuldverschreibung bzw. Wandelanleihe handelt es sich um eine Schuldverschreibung bzw. Anleihe einer Aktiengesellschaft, die dem Kapitalgeber bzw. Gläubiger im Wesentlichen folgende Rechte einräumt:

  • den Anspruch auf Rückzahlung des Nennwerts der Anleihe,
  • den Anspruch auf Zinszahlung während der Laufzeit der Anleihe (teilweise werden Wandelschuldverschreibungen jedoch auch unverzinslich ausgegeben) sowie
  • das Recht (Wandlungsrecht), den Nennwert der Anleihe in eine festgelegte Anzahl von Aktien des die Anleihe emittierenden Unternehmens umzutauschen und damit vom Gläubiger zum Aktionär zu werden. (Aus Sicht des Unternehmens wird dadurch Fremdkapital zu Eigenkapital.)

Wandelanleihen sind auch unter den Bezeichnungen Wandelobligation und Convertible Bond bekannt.

Rechtliche Grundlagen und Voraussetzungen

Die gesetzliche Grundlage für Wandelschuldverschreibungen ist § 221 AktG.

Wandelschuldverschreibungen dürfen nur auf Grund eines mit einer ¾-Mehrheit (d.h. einer Zustimmung von mindestens 75 % des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals) gefassten Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden (§ 221 Abs. 1 AktG).

Den Aktionären steht gemäß § 221 Abs. 4 i.V.m. § 186 AktG ein Bezugsrecht zu.

Für die im Falle der Ausübung des Wandlungsrechts erforderliche Bedienung der Aktien muss ein bedingtes Kapital in entsprechender Höhe geschaffen werden.

Ausstattungsmerkmale der Wandelanleihe

Bei der Ausgabe der Wandelanleihe müssen folgende Ausstattungsmerkmale festgelegt werden:

  • das Wandlungsverhältnis: in wie viele Aktien kann der Anleger z.B. 1.000 € Nennwert der Wandelanleihe umtauschen.
  • den Wandlungspreis: zu welchem Preis kann der Anleger umtauschen.
  • die Wandlungsfrist (Umtauschfrist): innerhalb welcher Zeiträume kann die Wandelung durchgeführt werden (z.B. könnten die ersten 2 Jahre nach Ausgabe der Wandelanleihe als umtauschfreie Zeit festgelegt werden).

Ausweis der Wandelanleihe in der Bilanz

Durch die Ausgabe der Wandelanleihe entsteht zunächst eine Verbindlichkeit gegenüber den Zeichnern der Anleihe, die in der Bilanz in dem Bilanzposten Anleihen mit dem entsprechenden Vermerk davon konvertibel gemäß § 266 Abs. 3 C. 1. HGB ausgewiesen werden.

Macht der Anleihegläubiger von seinem Wandlungsrecht Gebrauch, nimmt er mit der Wandlung in Aktien eine Eigentümer- bzw. Aktionärsstellung ein. Die Verbindlichkeit aus der Wandelschuldverschreibung entfällt entsprechend.

Hinweis: Bilanzierung der Wandelschuldverschreibungen

Die Bilanzierung von Wandelanleihen ist komplexer als hier für Zwecke der Darstellung der Finanzierungsmöglichkeit durch Wandelanleihen dargestellt, da die Wandelanleihe neben dem Fremdkapitalcharakter einer "normalen" Anleihe auch eine Option auf Eigenkapital (Aktien) enthält.

Im Rahmen der Bilanzierung der Wandelanleihe sind diese beiden Komponenten getrennt zu erfassen.

Vorteile und Nachteile der Wandelanleihe

Vorteilhaftigkeit der Wandelanleihe

Durch Wandelschuldverschreibungen kann Fremdkapital kostengünstig zu einem in der Regel vergleichsweise niedrigen Zinssatz aufgenommen werden (die Anleihegläubiger werden durch das Wandlungsrecht für den niedrigen Zinssatz entschädigt). Die Anleihezinsen mindern den steuerpflichtigen Gewinn.

Machen die Anleihegläubiger von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch, wird dadurch die Eigenkapitalbasis des Unternehmens gestärkt.

Aus Sicht der Investoren ermöglichen Wandelschuldverschreibungen die Möglichkeit, an Wertsteigerungen des Unternehmens bzw. entsprechenden Aktienkurssteigerungen zu partizipieren.

Kommt es nicht zu derartigen Kursgewinnen, erhält der Investor zumindest die vereinbarte (wenn auch niedrige) Verzinsung sowie sein zur Verfügung gestelltes Kapital zurück.

Nachteile der Wandelanleihe

Steigt der Aktienkurs entsprechend, machen die Anleihegläubiger von ihrem Wandlungsrecht i.d.R. Gebrauch und werden zu relativ günstigen Konditionen Aktionäre der Gesellschaft.

Die Aktien werden unter ihrem aktuellen Preis ausgegeben.

Die Altaktionäre werden durch die Ausgabe der neuen Aktien verwässert.

Beispiel Wandelanleihe

Beispiel: Ausgabe und Wandelung einer Wandelschuldverschreibung

Die Huber AG hat zum 1. Januar 2009 Wandelschuldverschreibungen in einer Gesamthöhe von 10 Mio. EUR Nennwert ausgegeben. Ausgabe und Rückzahlung erfolgen zum Nennwert. Der Zinssatz beträgt 2%. Die Stückelung beträgt 10.000 Stück zu 1.000 € Nennwert.

Zum Zeitpunkt der Ausgabe bucht die Huber AG eine Verbindlichkeit in Höhe von 10 Mio. EUR (Bilanzposten Anleihen 10 Mio. EUR, davon konvertibel 10 Mio. EUR) ein, der ein entsprechender Geldeingang aus der Begebung der Anleihe gegenübersteht. Zum 31. Dezember 2009 erfolgt die erste Zinszahlung in Höhe von 200.000 EUR (2 % des Nennwerts).

Die Laufzeit der Wandelanleihe wird auf 5 Jahre festgelegt, d.h. die Rückzahlung erfolgt ─ sofern nicht vorher gewandelt wird ─ zum 31. Dezember 2013. Eine erstmalige Wandlung sei ab dem 2. Jahr der Laufzeit möglich.

Der Aktienkurs der auf den Inhaber lautenden nennwertlosen Stückaktien der Huber AG, auf die jeweils ein rechnerischer Anteil am Grundkapital der Huber AG von 1 EUR entfällt, zum Zeitpunkt der Ausgabe der Wandelschuldverschreibung beträgt 40 EUR. Die Wandelanleihe ermächtigt die Anleihezeichner, zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Laufzeit der Wandelanleihe (Wandlungsfrist) für eine Anleihe im Nennwert von 1.000 EUR jeweils 20 Stückaktien zu beziehen (d.h., der Wandlungspreis beträgt 50 EUR, das Wandlungsverhältnis ist 1:20, für eine Teilanleihe im Nennwert von 1.000 EUR können 20 Aktien bezogen werden).

Die Huber AG hat im Zusammenhang mit der Emission der Wandelschuldverschreibung durch Hauptversammlungsbeschluss ein Bedingtes Kapital in Höhe von 200.000 EUR geschaffen.

Nun sei angenommen, der Aktienkurs der Huber AG steht zum 31. Dezember 2010 bei 60 EUR und alle Anleihegläubiger machen von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch.

Dann stellt sich die Situation wie folgt dar:

Aus Unternehmenssicht

Das Gezeichnete Kapital der Huber AG erhöht sich durch die Wandlung um 200.000 EUR (200.000 Aktien a 1 Euro rechnerischer Nennwert. Die Differenz zwischen dem Wandlungspreis von 50 EUR sowie dem „rechnerischen Nennwert“ von 1 EUR geht in die Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB) ein, d.h., die Kapitalrücklage erhöht sich um 9.800.000 EUR (200.000 Aktien × 49 Euro).

Die Verbindlichkeit in Höhe von 10 Mio. EUR erlischt gleichzeitig.

Aus Sicht der Investoren:

Die Investoren haben für einen Zeichnungsbetrag in Höhe von 1.000 EUR nunmehr 20 Aktien erhalten, die sie z.B. zum aktuellen Aktienkurs von 60 EUR (in Summe: 1.200 EUR) veräußern könnten. Sie können aber die Aktien auch weiterhin halten, um später bei (ggf. erwarteten noch höheren Aktienkursen) zu verkaufen.