Gefangenendilemma
Definition
Das Gefangenendilemma ist eines der Hauptbeispiele aus der Spieltheorie; seine Grundidee kann unter Umständen auf reale Situationen der Wirtschaft und der Unternehmen übertragen werden.
Beispiel
Nach einer Straftat werden 2 Verdächtige – A und B – festgenommen und separat untergebracht und verhört (keiner der beiden weiß, wie sich der andere verhält, ob er "einknickt" oder nicht).
Es gibt folgende Möglichkeiten:
- streiten beide die Tat ab, können sie beide nur aufgrund kleinerer Vergehen (zum Beispiel Widerstand bei der Festnahme) mit jeweils 2 Jahren Haft bestraft werden;
- gestehen beide, erhalten sie jeder 5 Jahre Haft;
- gesteht nur einer, erhält dieser eine aufgrund seines Geständnisses verringerte Haftstrafe von 1 Jahr, der andere erhält die volle Haftstrafe von 10 Jahren.
Auszahlungsmatrix
Die Situation lässt sich in einer sogenannten Auszahlungsmatrix darstellen (wobei hier die "Auszahlungen" in Haftstrafen bestehen; man könnte diese auch als negative Werte darstellen):
| B gesteht | B gesteht nicht | |
|---|---|---|
| A gesteht | 5, 5 | 1, 10 |
| A gesteht nicht | 10, 1 | 2, 2 |
So bedeutet zum Beispiel das 5, 5 im linken oberen Feld, dass sowohl A als auch B 5 Jahre erhalten, wenn sie beide gestehen.
Analog bedeutet 1, 10 im rechten oberen Feld, dass A 1 Jahr bekommt und B 10 Jahre, wenn nur A gesteht.
Wie ist die Situation aus Sicht des A (ohne zu wissen, was B macht)?
Gesteht B nicht, ist es für A besser, zu gestehen, da er dann nur 1 Jahr erhält statt 2 Jahre, wenn er auch nicht gesteht.
Gesteht B, ist es für A besser, ebenfalls zu gestehen: er kommt dann mit 5 Jahren davon statt mit 10.
Das heißt, A ist immer besser dran, wenn er gesteht, egal was B macht.
Wie ist die Situation aus Sicht des B?
Gesteht A nicht, ist es für B besser, zu gestehen, da er dann nur 1 Jahr erhält statt 2 Jahre, wenn er auch nicht gesteht.
Gesteht A, ist es für B besser, ebenfalls zu gestehen: er bekommt dann 5 Jahre statt 10, wenn er in dem Fall nicht gesteht.
Das heißt, auch B ist immer besser dran, wenn er gesteht, egal was A macht.
Dominante Strategie
Für beide ist deshalb "Gestehen" eine sogenannte dominante Strategie (eine dominante Strategie ist besser für den jeweiligen Spieler, der sich entscheiden muss, egal, was der oder die anderen Spieler machen); diese dominante Strategie führt in dem Fall zu 5 Jahren Haft für beide.
Betrachtet man das Spiel von außen, sieht man unmittelbar, dass es am besten wäre, wenn beide nicht gestehen, da sie dann nur jeder 2 Jahre statt 5 Jahre erhielten.
Es fehlt hier an einer Absprachemöglichkeit, einem Vertrag oder auch nur Vertrauen, um ein für beide vorteilhaftes Ergebnis zu erzielen.
Anwendung
Die Gefangenen und ihre Geschichte sind nur ein Modell zur Erklärung des Konzepts.
Das Modell kann auch auf wirtschaftliche Sachverhalte angewendet werden.
Beispiel
Ein Beispiel ist die Bereitstellung öffentlicher Güter, etwa eines Deiches.
Es gibt nur 2 Deichanwohner, die durch einen neuen Deich geschützt und davon profitieren würden: Adam und Berta.
Die Kosten für den Deich belaufen sich auf 10 T€.
Adam und Bert wäre der Deichschutz jeweils 7 T€ wert.
Jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Zahlen beide für den Deich, wären das für jeden 5 T€ Kosten und der Nutzen bzw. die „Auszahlung“ in der Matrix wären saldiert 2 T€ (7 T€ - 5 T€);
- Zahlt nur A, hätte dieser ein Auszahlung von 7 T€ - 10 T€ = -3 T€ und B eine Auszahlung von 7 T€;
- Zahlt nur B, hätte diese ein Auszahlung von 7 T€ - 10 T€ = -3 T€ und A eine Auszahlung von 7 T€.
- Zahlt niemand, haben beide eine Auszahlung von 0 T€.
Die Auszahlungsmatrix ist ähnlich wie oben, nur anders beschriftet:
| B zahlt | B zahlt nicht | |
|---|---|---|
| A zahlt | 5, 5 | -3, 7 |
| A zahlt nicht | 7, -3 | 0, 0 |
Hier ist für beide „Nicht zahlen" eine dominante Strategie, die dazu führt, dass das im Vergleich zu (0, 0) bessere Ergebnis (5, 5) zunächst nicht erreicht wird.
Man könnte hier aber im Gegensatz zu den getrennt verhörten Gefangenen Absprachen und Verträge treffen, um ein für beide vorteilhaftes Ergebnis bei (5, 5) zu erzielen.