Feiglingsspiel

Definition

Das Feiglingsspiel ist ein Spieltyp (eine bestimmte Art von Spiel) aus der Spieltheorie.

Andere Namen sind Angsthasen-Spiel oder Chicken Game.

Das Grundbeispiel basiert auf aufeinander zu rasenden Autofahrern und ist für das Verständnis gut geeignet; im ökonomischen oder auch politischen Kontext geht es aber eher um Verhandlungen, Kooperation oder Ähnliches.

Beispiel

Anton (A) und Berta (B) rasen mit ihren Autos aufeinander zu.

Beide können zwischen zwei Strategien wählen: 1) Augen zu und weiter (mit dem Risiko, zu sterben) oder 2) ausweichen (mit dem Risiko, als Feigling dazustehen).

Es gibt nun folgende 4 Möglichkeiten, wie das "Spiel" ausgeht:

Weichen beide im letzten Moment aus, bekommt jeder 0 Punkte.

Weicht nur A aus, bekommt A einen Minuspunkt (-1) und B einen Pluspunkt (1).

Weicht umgekehrt nur B aus, bekommt B einen Minuspunkt (-1) und A einen Pluspunkt (1).

Weicht niemand aus, sind beide tot und erhalten -10 Punkte.

Auszahlungsmatrix

Als Auszahlungsmatrix:

Auszahlungsmatrix für das Feiglingsspiel
Ausweichen (A) Nicht Ausweichen (A)
Ausweichen (B) 0, 0 1, -1
Nicht Ausweichen (B) -1, 1 -10, -10

Die Punkte für Anton sind jeweils als erste Zahl eingetragen, die für Berta als zweite.

Nash-Gleichgewichte

Es gibt hier 2 Nash-Gleichgewichte: 1) Nicht ausweichen / ausweichen und 2) Ausweichen / Nicht ausweichen.

(Nash-Gleichgewicht: die Paarung der Strategien von hier Anton und Berta, bei der die Entscheidung von Anton für eine gegebene Entscheidung von Berta optimal ist und umgekehrt: bei der die Entscheidung von Berta für eine gegebene Entscheidung von Anton optimal ist.)

Wenn Anton „Nicht ausweichen“ wählt, ist es für den Berta die optimale Entscheidung, „Ausweichen“ zu wählen (sie bekommt dann zwar -1 Punkte, das ist aber besser als -10 Punkte bei „Nicht ausweichen“).

Wenn Berta „Nicht ausweichen“ wählt, ist es für den Anton die optimale Entscheidung, „Ausweichen“ zu wählen (er bekommt dann zwar -1 Punkte, das ist aber wiederum besser als -10 Punkte bei „Nicht ausweichen“).

Dominante Strategie

Die dominante Strategie, also die Strategie, die für den Spieler die (immer) beste Wahl ist, egal was der Gegenspieler tut, ist für beide Spieler identisch: das zu wählen / spielen, was der andere (Gegen)Spieler nicht wählt / spielt.

Der Name Feiglingsspiel ist vielleicht etwas unpassend; der Feigling kann schlau sein.

Anwendung

Es gibt mehrere Beispiele für wirtschaftliche Kontexte:

Handels- oder Zollkriege

Land A belastet Land B mit Zöllen; wenn B „nicht ausweicht“ und ebenfalls Zölle in Bezug auf Land A erhebt, woraufhin Land A wiederum die Zölle erhöht, werden die Volkswirtschaften beider Länder beeinträchtigt.

Jedes Land würde sich natürlich wünschen, dass es seine Zölle durchsetzen kann („nicht ausweichen“) und das andere Land das ohne Gegenwehr hinnimmt („ausweicht“).

Lohnverhandlungen

Eine Arbeitnehmervertretung droht einem Unternehmen mit Streik, um ihre Lohnvorstellungen durchzusetzen; wenn das Unternehmen „nicht ausweicht“ und mit Gegenmaßnahmen wie etwa Aussperrungen oder Werksverlagerungen in andere Länder antwortet und es zu keiner Einigung kommt, werden beide Seiten in Mitleidenschaft gezogen: die Unternehmen haben Umsatzausfälle und verlieren Kunden, die Arbeitnehmer haben Lohnausfälle.

In beiden Fällen werden beide Parteien versuchen zu signalisieren, dass sie nicht ausweichen werden und hoffen, dass der jeweils andere ausweicht.

Sie rasen zumindest eine Zeitlang aufeinander zu, wollen aber letztlich den großen Knall vermeiden, da dieser auch ihnen schaden würde.