Immaterielle Vermögensgegenstände

Definition

Immaterielle Vermögensgegenstände sind der Teil des Anlagevermögens eines Unternehmens, der nicht "anfassbar" ist: Software, Patente, Lizenzen.

Im Gegensatz dazu kann man das Sachanlagevermögen anfassen: Gebäude, Maschinen, PKW.

Immaterielle Vermögensgegenstände werden in der Bilanz separat ausgewiesen und es gibt ein paar Besonderheiten.

Alternative Begriffe: Immaterielle Anlagewerte, immaterielle Güter, immaterielle Vermögenswerte, immaterielle Wirtschaftsgüter (Steuerrecht), immaterielles Anlagevermögen, Intangible assets (englisch).

Bilanzausweis

Immaterielle Vermögensgegenstände werden bei Kapitalgesellschaften nach dem Bilanzschema des § 266 Abs. 2 A. I. HGB ausgewiesen.

AKTIVA Betrag (€)
A. Anlagevermögen
I. Immaterielle Vermögensgegenstände
1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte
2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten
3. Geschäfts- oder Firmenwert
4. geleistete Anzahlungen
II. Sachanlagen

Die Entwicklung des immateriellen Anlagevermögens in einem Geschäftsjahr (Zugänge, Abgänge, Abschreibungen) kann bei Kapitalgesellschaften dem Anlagenspiegel entnommen werden.

Aktivierung

Aktivierungspflicht

Im Grundsatz gilt nach § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB (Vollständigkeitsgebot) eine allgemeine Aktivierungspflicht für Vermögensgegenstände und damit auch für immaterielle Vermögensgegenstände.

Beispiel

Ein Unternehmen erwirbt eine Softwarelizenz für (netto, das heißt ohne Umsatzsteuer) 1.000 € sowie ein Patent für (netto) 30.000 €.

Unter dem Bilanzposten entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten (§ 266 Abs. 2 A. I. 2. HGB) werden 31.000 € aktiviert.

Aktivierungswahlrecht

Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens (das heißt nicht erworbene) hingegen gilt nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Aktivierungswahlrecht.

Dazu zählen beispielsweise die Entwicklungskosten eines neuen Produkts (etwa ein neues Automodell) oder eine selbst erstellte Software, die im Unternehmen genutzt werden soll.

Forschungskosten hingegen dürfen nicht aktiviert werden; können Forschung und Entwicklung (siehe die Definition in § 255 Abs. 2a Sätze 2 und 3 HGB) nicht verlässlich voneinander unterschieden werden, ist eine Aktivierung nicht möglich (§ 255 Abs. 2a Satz 4 HGB).

Der Ausweis erfolgt unter dem Bilanzposten Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte (§ 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB).

Der Gegenposten in der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren ist andere aktivierte Eigenleistungen.

Im Falle der Aktivierung – das heißt, der Ausübung des Wahlrechts – greift die Ausschüttungssperre des § 268 Abs. 8 Satz 1 HGB.

In der Steuerbilanz ist der Ansatz verboten (§ 5 Abs. 2 EStG); im Falle der Aktivierung in der Handelsbilanz entstehen deshalb latente Steuern.

Beispiel

Ein Unternehmen entwickelt selbst in der eigenen IT-Abteilung eine Buchhaltungssoftware für den Eigengebrauch im Unternehmen.

Die für die Entwicklung angefallenen Kosten belaufen sich auf 200.000 €.

Das Unternehmen möchte bilanzpolitisch ein möglichst hohes Vermögen ausweisen und macht deshalb von seinem Aktivierungswahlrecht Gebrauch: Unter dem Bilanzposten Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte (§ 266 Abs. 2 A. I. 1. HGB) aktiviert es die 200.000 € Entwicklungskosten.

In den Folgejahren ist dieser aktivierte Betrag abzuschreiben. Bei einer angenommenen Nutzungsdauer von 5 Jahren wären das 40.000 € jährliche (lineare) Abschreibung.

Aktivierungsverbot

§ 248 Abs. 2 Satz 2 HGB verhängt für selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens explizit ein Bilanzierungsverbot, das heißt, nimmt diese vom obigen Aktivierungswahlrecht aus.

Ansatz zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten

Die Aktivierung immaterieller Vermögensgegenstände erfolgt mit den Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Die Herstellungskosten eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens werden über § 255 Abs. 2a Satz 1 HGB als die bei dessen Entwicklung anfallenden Aufwendungen definiert.

Bewertung

Abschreibung

Planmäßige Abschreibung

In der Regel unterliegen immaterielle Vermögensgegenstände einer begrenzten Nutzungsdauer (zum Beispiel Patentlaufzeit, beschränkte Nutzungsdauer für Software) und werden somit planmäßig abgeschrieben.

Manche wie zum Beispiel ein Domain-Name sind auch nicht abnutzbar.

§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB sieht vor, dass sofern die Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstandes des Anlagevermögens in Ausnahmefällen nicht verlässlich geschätzt werden kann, die planmäßigen Abschreibungen über 10 Jahre vorzunehmen sind. Diese Ausnahmefälle wird es aber kaum geben, da eine Schätzung in der Regel möglich ist.

Außerplanmäßige Abschreibung

Darüber hinaus können aufgrund des für das Anlagevermögen geltenden gemilderten Niederstwertprinzips außerplanmäßige Abschreibungen notwendig werden.

Zusammenfassendes Beispiel

Die obigen Beispiele werden hier aufgegriffen.

Die Bilanz sieht dann nach Aktivierung der 3 Posten so aus:

AKTIVA Betrag (€)
A. Anlagevermögen
I. Immaterielle Vermögensgegenstände
1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte 200.000
2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten 31.000
3. Geschäfts- oder Firmenwert
4. geleistete Anzahlungen
II. Sachanlagen

Planmäßige Abschreibung

Wir nehmen an, dass die Softwarelizenz und das Patent erst am Bilanzstichtag 31. Dezember gekauft wurden (dann müssen wir sie nicht in dem Jahr abschreiben).

Die Aktivierung der Entwicklungskosten soll zum 30. Juni des Jahres erfolgen, so dass wir noch ein halbes Jahr von Juli bis Dezember, also = 20.000 € abschreiben.

Der Bilanzwert zum 31. Dezember wäre dann 180.000 €.

Außerplanmäßige Abschreibung

Wir nehmen zusätzlich an, dass die selbsterstellte Software in dem ersten halben Jahr ihres Betriebs so viele Probleme macht, dass sie am 31. Dezember „eingestampft“ wird und später durch eine gekaufte Software ersetzt werden soll.

Es ist deshalb aufgrund dieser dauerhaften Wertminderung der selbst erstellten Software eine außerplanmäßige Abschreibung um 180.000 € vorzunehmen, so dass der Bilanzwert am 31. Dezember 0 € ist.

Ausweis im Jahresabschluss

Bilanz

Die Bilanz sieht dann nach Abschreibungen so aus:

AKTIVA Betrag (€)
A. Anlagevermögen
I. Immaterielle Vermögensgegenstände
1. Selbst geschaffene gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte 0
2. entgeltlich erworbene Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ähnliche Rechte und Werte sowie Lizenzen an solchen Rechten und Werten 31.000
3. Geschäfts- oder Firmenwert
4. geleistete Anzahlungen
II. Sachanlagen

GuV

In der GuV wird die Abschreibung ausgewiesen:

Abschreibungen auf immaterielles Anlagevermögen in der GuV
  1. Umsatzerlöse
+/- 2. Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen
+ 3. andere aktivierte Eigenleistungen
+ 4. sonstige betriebliche Erträge
  5. Materialaufwand  
-   a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren
-   b) Aufwendungen für bezogene Leistungen
  6. Personalaufwand  
-   a) Löhne und Gehälter
-   b) soziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und für Unterstützung
  7. Abschreibungen  
-   a) auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen 200.000
-   b) auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, soweit diese die in der Kapitalgesellschaft üblichen Abschreibungen überschreiten
- 8. Sonstige betriebliche Aufwendungen
=   Betriebsergebnis (EBIT)
+ 9. Erträge aus Beteiligungen
+ 10. Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens
+ 11. sonstige Zinsen und ähnliche Erträge
- 12. Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere des Umlaufvermögens
- 13. Zinsen und ähnliche Aufwendungen
- 14. Steuern vom Einkommen und Ertrag
= 15. Ergebnis nach Steuern
- 16. Sonstige Steuern
= 17. Jahresüberschuss

Anhang

Nach § 277 Abs. 3 HGB sind außerplanmäßige Abschreibungen nach § 253 Absatz 3 Satz 5 und 6 jeweils gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben.

Im Anhang könnte stehen:

"Die Abschreibungen auf das immaterielle Anlagevermögen enthalten außerplanmäßige Abschreibungen in Höhe von 180.000 €."